«Superclub»: Fussballmanager am Familientisch
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«Superclub»: Fussballmanager am Familientisch

Bei «Superclub» übernimmst du die Geschicke eines Fussballclubs und führst ihn zu Ruhm und Ehre. Mittels Karten und Würfeln wird der Provinzklub zum Serienmeister. Das macht aber nur dann Spass, wenn sechs Leute mitspielen.

Zwischen Quartett, Tipkick und Subuteo ist vielfach versucht worden, König Fussball auf den Wohnzimmertisch zu bringen. Mit «Superclub» wagt ein Brettspiel einen neuen Versuch. Mit dem Grundspiel können zwei bis vier Personen ab zwölf Jahren die Geschicke eines fiktiven Clubs leiten und um Meisterschaften kämpfen. Wer zuerst 100 Punkte erreicht oder den Supercup für sich entscheidet, gewinnt. Dabei ist die richtige Aufstellung genauso wichtig wie der Ausbau der Trainingsanlagen und Infrastruktur oder des Scouting-Netzwerks.

Echte Stars und erfundene Sternchen

Zu Beginn des Spiels gilt es, Spieler zu verpflichten. Jede Mannschaft startet bei null und wird aus zufällig aufgedeckten Spielerkarten gezogen. Hier entscheide ich mich, was ich gerade brauche: Einen Stürmer mit wenigen Sternen, aber viel Potential ins Boot holen? Oder brauche ich einen mittelmässigen Verteidiger, der Synergien mit meinen anderen Verteidigern nutzt?

Die erste Runde des Spiels entscheidet, wer in meinen Reihen spielt – dank Erweiterungen sogar mit den Kickern aus der deutschen Bundesliga, spanischen La Liga oder einzelnen Top-Clubs. Die gibt es leider nur als Zusatz und nicht in einem Paket mit dem Basisspiel, weshalb ich zusätzliches Geld für realistische Inhalte ausgeben muss. Im Basisspiel heissen die Spieler Walter, Melnyk oder Soares und haben alle statt eines Fotos den gleich illustrierten Kopf auf der Karte. Etwas Abwechslung in den Illustrationen wäre schön gewesen…

Welchen Spieler will ich denn? Der Draft entscheidet zu Beginn, wie meine Mannschaft aufläuft
Welchen Spieler will ich denn? Der Draft entscheidet zu Beginn, wie meine Mannschaft aufläuft
Quelle: Simon Balissat

Habe ich die Mannschaft zusammen, kann ich sie in meinen Manager-Ordner klemmen und sie zwischen Bank und Aufstellung verschieben. Bevor die Saison nun startet, tätige ich Investitionen und trainiere meine Spieler. Baue ich den Trainingsplatz aus, damit ich künftig schneller Spieler entwickeln kann? Oder investiere ich ins Stadion, damit mehr Kohle reinkommt? Scouts finden neue Jungtalente, mein Staff gibt mir Chancen auf mehr Schlagkraft in der Defensive, dem Mittelfeld oder dem Sturm. Alles gemeinsam geht nicht, ich muss mich immer für zwei Aktionen entscheiden, bevor die Saison losgeht.

Kurz vor Saisonstart schliesst das Transferfenster und wir können um begehrte Spieler in einer Auktion bieten. Da diese Spieler zufällig aufgedeckt werden, sind öfter nur grottige Kicker dabei. Pech gehabt. Dafür Geld gespart.

Die Mannschaft kann ich einordnen und ins Spiel schicken.
Die Mannschaft kann ich einordnen und ins Spiel schicken.
Quelle: Simon Balissat

Los geht die Liga

Beginnt die Saison, sind keine Transfers mehr möglich. Es wird endlich gekickt. Dazu stelle ich Torwart, Verteidigung, Mittelfeld und Angriff auf, wobei ich mindestens drei Verteidiger, zwei Mittelfeldspieler und zwei Stürmer aufstellen muss. Insgesamt müssen elf Spieler auf dem Platz stehen - was auch die eher exotische taktische Möglichkeit einer 3-3-4-Formation zulässt. Gespielt wird gegen eine andere Mannschaft, immer nach dem gleichen Prinzip. Zuerst das Mittelfeld gegeneinander, dann der Sturm der Siegermannschaft gegen die Verteidigung der Verlierermannschaft. Sollte das Spiel dann noch unentschieden sein, darf die Verlierermannschaft noch gegen die Siegermannschaft anstürmen.

Die aufgestellten Spieler entscheiden darüber, wer den Vorteil hat. Ich zähle die abgebildeten Sterne zusammen, addiere eventuelle Boni für Synergien oder Assistenztrainer und ermittle so die Basisstärke. Den Glücksfaktor bilden zwei Würfel, die zum Schluss noch addiert werden. Die höhere Zahl gewinnt.

Das Spielbrett ist simpel gehalten und dient vor allem dem Punkte zählen
Das Spielbrett ist simpel gehalten und dient vor allem dem Punkte zählen
Quelle: Simon Balissat

Die Mechanik versucht, taktisches Geschick mit einer Prise Glück zu vereinen und das gelingt ganz gut. Das ist so simpel, dass ich es schnell verstehe. Später kommen Boni hinzu, welche die Duelle unvorhersehbarer machen. Die erste Saison spielt sich allerdings recht eintönig, da eh immer die bestmögliche Aufstellung von allen am Tisch gespielt wird. Erst im Laufe des Spiels, wenn es die ersten Verletzten gibt oder Booster ins Spiel kommen, nehmen die Duelle Fahrt auf. Da sind bald mal 90 Minuten vergangen. «Superclub» ist also eher eine abendfüllende Veranstaltung.

Das grösste Problem am Spiel ist, dass es mit exakt sechs Personen am meisten Spass macht. Dann spielen in jeder der sechs Runden Menschen am Tisch gegeneinander. In jeder anderen Zusammenstellung muss ich Spiele simulieren, die ausschliesslich durch Würfelglück entschieden werden.

Nun liegt dem Basisspiel aber leider nur das Spielmaterial für vier Mannschaften bei. Das Spiel funktioniert auch so, so haben wir es gespielt, die Zufallskomponente ist dann allerdings viel höher, was den Spielspass schmälert. Auch hier ist eine Zusatzinvestition in zwei weitere Mannschaften nötig, um den vollen Umfang des Spiels geniessen zu können. Zwei zusätzliche Mannschaften kosten zusammen mehr als das Basisspiel. Will ich noch ein paar Zusatzpakete mit echten Spielern kaufen, muss ich weit über 100 Franken investieren. Das wäre es mir, bei aller Liebe zum Fussball, nicht wert.

Zur Bewertung: Ich vergebe nur selten fünf Sterne an ein Produkt. In einer Welt, in der inflationär mit fünf Sterne Bewertungen umgegangen wird, verzerrt sich die Skala. Vier Sterne gelten schon als schlecht, drei als unterirdisch. Warum haben wir überhaupt eine Skala mit fünf Sternen? Meine Logik hinter der Bewertung: Drei Sterne ist ein durchschnittliches Produkt. Vier Sterne ist überdurchschnittlich. Zwei Sterne knapp unter dem Durchschnitt. Dem will ich in meinen Bewertungen Rechnung tragen.

Fazit

Ein kurzweiliges, aber unfertiges Spiel

Im Kern macht «Superclub» vieles richtig: Die Mischung aus Zwischensaison und Saison ist abwechslungsreich und lässt verschiedene Strategien zu. Das «Auslosen» der Mannschaft zu Beginn ist aufregend und die Spieltage sind zwar simpel gehalten, im späteren Verlauf dann doch von Taktik geprägt. Besonders toll finde ich das Spielmaterial mit den Manager-Ordnern. So habe ich meine Mannschaft immer im Blick und es endet nicht im Chaos.

Leider ist das Basisspiel nicht vollständig. Nur mit sechs Mannschaften und damit Menschen am Tisch muss ich keine Spieltage simulieren. Dem Basisspiel liegen allerdings nur vier Mannschaften bei. Auch echte Spieler vermisse ich, wobei es eher emotionalen Einfluss hat, wenn mein Lieblingsspieler vor meinen Augen von einer anderen Mannschaft weggeschnappt wird. Auch hier lässt sich mit dem nötigen Kleingeld nachhelfen.

Insgesamt ist «Superclub» daher nur hartgesottenen Fussballfans zu empfehlen, die das nötige Kleingeld haben, um weitere Teams zu kaufen und immer zu sechst spielen.

Pro

  • Die verschiedenen Phasen bieten Abwechslung und Spannung
  • Gegen Ende des Spiels gibt es viele taktische Möglichkeiten
  • Gute Mischung zwischen Würfelglück und Taktik
  • Strategien sind möglich und werden auch belohnt
  • Tolles Spielmaterial, vor allem die Manager-Ordner

Contra

  • Das Spiel ist eigentlich für sechs Leute gemacht, weniger Leute heisst mehr Zufall
  • Ich muss zum Basisspiel zwei Mannschaften kaufen, damit ich auf sechs Mannschaften komme
  • Es braucht mehr als 90 Minuten, bis das Spiel richtig in Fahrt kommt

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der vonJunk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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